Wumms!

Die Bundesregierung hat gehandelt und will 130 Milliarden Euro spendieren, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln (die Wirtschaft, nicht die Kultur).
Von vielen Seiten kommt Lob dafür. Das Konjunkturpaket werde die Kauflaune anstacheln. Deshalb erhalten z.B. Familien für jedes Kind 300,- €.

Ach, darum geht’s! Olaf Scholz hat uns mit Wumms in den Konsumorbit geschossen.
Kaufen wird Pflicht, zu einem ethischen Muss. Wer nicht kauft, macht sich verdächtig. Wer nicht kauft, ist asozial.

Laufen und kaufen, um Sonderangebote raufen, vor Kauflaune schnaufen und sich in den Kaufrausch saufen…

Anscheinend ist es vollkommen egal, was gekauft wird. Hauptsache, man kauft.

Mein Ratschlag: kaufe, schmeiß es weg, kauf es neu, dann brummt der Laden wieder und eine goldene Zukunft steht uns allen bevor.
Die Würde des Verbrauchers ist unantastbar.

Wie armselig unsere wunderschöne Warenwelt ist, nie wurde es deutlicher als jetzt.
Fällt uns nichts Besseres ein?
Geeicht auf Konsum? Und sonst nichts?

Es gibt Werte, die kann man nicht kaufen.

Aber genau dafür arbeiten wir, wenn wir mit Kindern und Jugendlichen zusammenkommen.
Für eine andere Sicht auf die Welt. Für ein anderes Lebensverständnis.
Wir sind nicht ahnungslos, nicht weltfremd.
Wir sind Teil dieser Gesellschaft und leben nicht ohne Geld.
Wir machen auch nicht um jedes Geschäft einen Bogen.
Aber wir wissen, dass wir mehr sind als Kundinnen und Klienten.

Wir sind Menschen.
Und das ist eine verdammt spannende Aufgabe.

Sich verlesen

Manchmal überfliege ich Schlagzeilen, Notizen, Artikel, selbst Bücher, und ersetze in aller Zerstreutheit den eigentlichen Sinn durch einen anderen.
Ein paar Kostproben:
Demoralisiertes Wasser
Abschnackprämie
Wer hier parkt, wird widerwillig abgeschleppt.
Wussten Sie schon, dass die Honigbiene nach Kindern und Schweinen das drittwichtigste Nutztier in Deutschland ist?
Die Staatsmänner aus China und den USA sind zu einer Meinungsverschiedenheit zusammengekommen.
Fällt ein Tropfen von dem Regen, der aus Gärten Wüsten macht.
Fällt ein Tropfen von dem Regen, der aus Würsten Gärten macht.
Merz sieht Konkurrenten nicht als Söder.

Till Schweiger im Knockdown: eine sehr schwere Zeit.
Trump demonstriert Unruhe. Doch die Wahlchancen lassen seine Stärke schwinden.
Anders als Merkel und Scholz: Mützenich schließt längere Segnung der Mehrwertsteuer nicht aus.

Corona-Massenfest in Göttingen.
Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der wird dich entsorgen.

Du sollst nicht bekehren deines Nächsten Weib.
Blitz und Donner mit Spargelschlag
.
Naja, so könnte ich noch lange weitermachen. Sich verlesen heißt sich überraschen. Probiert es aus. Aber manchmal gibt es Sätze, die müssen gar nicht verbogen werden.
Lufthansa fliegt aus dem Dax. Von wo ist sie denn gestartet?
DFB-Pokalfinale wird verschoben! Hat der FC Bayern das wirklich nötig?

In diesem Sinne ende ich in schönen Wochenwünschen.

Alles so schön monochrom hier?

Mein Freund ist tapfer. Bislang konnte Corona seinem Optimismus und seinem Tatendrang nichts anhaben. Aber allmählich geht ihm die Puste aus.
Mein Freund gehört zu den Kulturschaffenden. Für kulturelle Einrichtungen hatte die Landesregierung in Niedersachsen 20 Millionen bereitgestellt.

Klingt nach viel.
Ist es aber nicht!

Formulare, Wartezeiten, krude Bedingungen – es bereitet  gerade kein Vergnügen, Hilfen zu beantragen. „Unbürokratisch“ ist hier nur ein Versprechen. Und die Beträge sind auch nicht so, als dass man Luft für ein halbes Jahr hätte.

Die Ausgaben haben sich nicht verringert, dafür sind die Einnahmen weggefallen.
Es wird allmählich brenzlig, und das drückt die Stimmung und macht Tapferkeit zu einer äußerst anstrengenden Tätigkeit.
Dazu kommen die Beschränkungen, die ein künstlerisches Arbeiten sehr erschweren oder ganz unmöglich machen.

Kultur ist Austausch: von Ideen, Begegnungen, Perspektiven.

Am meisten tragen jene dazu bei, die nicht im Rampenlicht stehen, sondern sich ohnehin am Existenzminimum bewegen. Sie sind Künstler*innen, weil sie ihre Arbeit lieben. Sie bereichern uns alle mit ihrer Kreativität. Ohne sie wäre es ganz schön monochrom hier.

Wir brauchen keine Kaufanreize für Autos. Wir brauchen ein Aufbauprogramm für die Kultur: Für das Theaterensemble wie für die Malerin, den Musiker, die Clownin, das Orchester, die Band, den Rapper, die Dichterin, den Bildhauer, die Tänzerin, die Schriftstellerin, den Filmemacher, die Aktionskünstlerin.

Das lässt sich nicht alles in finanziellen Gewinn umrechnen, aber in Lebensqualität.
Bunt? Gefällt mir!
Und dir?





Sehnsucht nach Analogem

Wir zoomen, skypen, google meeten oder konferenzen-e, bis die Netzhaut platzt und das Hirn schmilzt. Neue Worte erobern unsere Sprache, neue Formate die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
Manche Berufliche haben ihren alten Traum vom Show-Star-Dasein wieder aus der Mottenkiste geholt und sich auf alle nur erdenkliche Weise digital in die Welt gepustet.
Manche denken auch, digital könne man gleichsetzen mit jugendlich.

Die Meisten wissen es besser.

Und die Jugendlichen?
Natürlich nutzen sie das gesamte Medienarsenal, ohne sich groß Gedanken darüber zu machen. Schließlich ist es ein Teil ihrer Lebenswelt.

Aber andererseits!

Es gibt einen Medienüberdruss. Die jungen Menschen haben es satt, sich nur noch digital zu begegnen. Sie wollen sich treffen.
Live.
Von Angesicht zu Angesicht!
Mit Einschränkung ist das ja nun auch wieder machbar.
Ermöglicht es ihnen.
Lasst sie sich treffen. Denn davon lebt die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
Von der Begegnung. Vom spontanen Kontakt. Davon, eine Gruppe zu sein.
Und wenn wir vorsichtig sind, kann auch nichts passieren.

Denn Nähe ist mit Abstand unsere Stärke!

Gotteslästerung

Tönäld Drümp (der Name wurde aus Sicherheitsgründen geändert), Präsident der UFA (United Fakes Of America – der Name wurde aus Sicherheitsgründen geändert), nie um einen tiefen Griff ins Klo verlegen, hat nun seiner eigenen Bevölkerung den Krieg erklärt.
Er werde die Armee einsetzen, wenn die Unruhen nicht enden.
Schuld seien die Antifaschisten, die er zu einer terroristischen Organisation im Inland erklären lassen werde.
Juristisch ist das kompletter Unsinn. Aber seit wann interessiert sich Tönäld für Jura? Oder Geschichte? Oder für andere Menschen? Oder für sein Land? Oder für Gott?
Nein, auch Gott muss für die Drümpschen Ränkespiele des schwächsten Präsidenten aller Zeiten herhalten.

Neben dem Weißen Haus liegt die St. Johns Kirche, der spirituelle Rückzugsort aller UF-Präsidenten.  
Drümp ließ den Weg von Polizisten mit Tränengas und Gummigeschossen freiräumen. Die Demonstration dort war friedlich gewesen.  Dann posierte er vor der Kirche mit der Bibel in der Rechten für ein Foto! Ein PR-Termin!

Die Kirche betrat er übrigens nicht.

Die zuständige Bischöfin Mariann Edgar Budde sagte dazu Folgendes: „“Der Präsident benutzte gerade eine Bibel, den heiligsten Text der jüdisch-christlichen Tradition, und eine der Kirchen meiner Diözese ohne Erlaubnis als Hintergrund für eine Botschaft, die im Widerspruch zu den Lehren Jesu und allem steht, wofür unsere Kirchen stehen… Ich bin empört. Der Präsident hat nicht gebetet, als er nach St. John’s kam… Wir distanzieren uns von der aufhetzenden Sprache dieses Präsidenten.“

Auf dem Foto hat Drümp die Bibel gepackt und hält sie triumphierend in die Höhe, so als ob sie sein Besitz wäre.

Gotteslästerung ist ein Wort, das ich nicht gebrauche. Es gehört in den Besitz derer, die sich sofort empören, wenn ein Gedanke nicht in ihre Weltsicht passt, weil er zu weit ist.

Aber jetzt mache ich eine Ausnahme.

Tönäld Drümp, dem Gotteslästerer im Weißen Haus, widme ich den 10. Psalm, für die einsamen Stunden im Schutzbunker. Vielleicht lernt er ihn auswendig und begreift irgendwann sogar. Man soll die Hoffnung ja nie aufgeben.

Der 10. Psalm  
1 Warum bist du so weit weg, Herr? Warum verbirgst du dich vor uns? Wir sind vor Elend am Ende!  2 Schamlose Schurken stellen den Armen nach und fangen sie in heimtückischen Fallen.  3 Sie geben auch noch damit an, dass sie so unersättlich sind. Nichts zählt bei ihnen, nur ihr Gewinn. Sie danken dir nicht, Gott, sie lästern dich nur! 4 In ihrem Größenwahn reden sie sich ein: »Wie sollte Gott uns zur Rechenschaft ziehen? Wo er doch gar nicht existiert!« Weiter reicht ihr vermessenes Denken nicht. 5 Sie tun, was sie wollen, und alles gelingt. Ob du sie verurteilst, berührt sie nicht; du bist ja so fern dort oben! Sie lachen spöttisch über jeden Gegner. 6 »Was soll uns erschüttern?«, sagen sie. »An uns geht jedes Unglück vorüber; so war es immer, so bleibt es auch!« 7 Sie fluchen, sie lügen und drohen, was sie reden, bringt Verderben und Unheil. 12 Steh auf, Herr! Greif doch ein, Gott! Vergiss nicht die Schwachen, nimm sie in Schutz! 14 Aber du bist nicht blind! Du siehst all das Leiden und Unheil und du kannst helfen. Darum kommen die Schwachen und Waisen zu dir und vertrauen dir ihre Sache an. 15 Zerschlage die Macht der Unheilstifter, rechne mit ihnen ab, mach dem Verbrechen ein Ende!

Wiederholungen

Neuanfänge sind aufregend. Wiederholungen können es auch sein. Denn sie sind mehr als eine Wiederkehr des Bekannten.
Ich lerne, indem ich Dinge wiederhole: Handgriffe, Vokabeln, Gedankengänge. Ein anderes Wort dafür wäre Übung.
Oder Handwerk.
Stell dir vor, dein Glaube ist ein Handwerk. Also nicht etwas, das dir einfach in den Schoß fällt, sondern mit Arbeit verbunden.
Wiederholung wird zu Erfahrung; Erfahrung zu Wissen. Das Handwerk des Glaubens ist eine lebenslange Schule, die sich immer wieder an den gleichen Handgriffen versucht.
Und dabei ereignet sich etwas: Das Wiederholte verändert sich; es wird zu einer Vertiefung.
Wenn ich hundertmal dieselbe Tonfolge auf dem Klavier anschlage, verwandelt sich mein Geklimper irgendwann in eine Melodie.
Wenn ich hundertmal das Vaterunser bete…
Wie oft in  meinem Leben habe ich es mir bislang vorgesagt? Fast immer habe ich beim Sprechen dieser wenigen schlichten Worte das Gefühl, die Furche des Gebets tiefer zu ziehen und seiner Botschaft ein Stück näher zu kommen.

Unser Glaube lebt von Wiederholungen. In ihnen bilden wir die Unendlichkeit ab, wir Handwerker*innen Gottes.

Nur eine Frage

Ich sitze auf einer kleinen Bank, den Rücken an die Hauswand gelehnt. Die Sonne ist schon lange untergegangen, aber erst jetzt tupft die Nacht die ersten Sterne in den Himmel.
Der Wind hat sich verkrümelt. Das Meer murmelt sich leise in den Schlaf. Über den Dünen schwebt eine silberne Mondsichel, so dicht, dass sie beinahe den Strandhafer abrasieren könnte.

Es ist still, um mich herum und in mir.

Kein Laut, kein Gedanke; nur atmen und da sein, stumm wie ein Stein und selig in diesem Moment.  
Ich weiß, er wird sich nicht halten, aber jetzt umschließt er mich, jetzt, jetzt, und schnitzt mir eine Kerbe ins Herz, eine Glückskerbe.
Es gibt viele davon.

Für schlichte Geister wie mich hat Gott manchmal ganz simple Ideen, wie er einem nahekommen kann. „Danke“, sage ich und bilde mir ein, eine Stimme zu hören mit tief norddeutschem Akzent: „Da nich für!“
Ich wage ich mich ein Stück weiter: „Wo wir gerade unter uns sind, sag mir doch,  was ist das Leben?“
„Geschenkt!“
War da was? Es ist so still, dass ich für einen Augenblick fürchte, ich sei taub.

Eine schlichte Erkenntnis

Ich bin im Urlaub und schaue aus dem Fenster. Es regnet leicht. Auf der Bank links im Garten hockt eine Amsel und genießt die Tropfen. Unter den Heckenrosen rechts hockt ein Kaninchen und putzt sich. Maisen, Rotkehlchen, Regenpfeifer und andere Vögel singen, zwitschern durcheinander. 
Ganz schön was los hier, denke ich.
Und dann sickert eine Einsicht in mich ein, so langsam wie der Regen ins Erdreich:

Wir sind nicht allein.

Wir sind eingewoben in einen umfassenden Zusammenhang von Leben. Gottes Schöpfung ist eine Symphonie.
Banal, oder? Weiß doch jede/r!
Aber warum hält sich dann nicht jede/r daran?

Sagst du Buche, Birke, Esche, Eiche, Linde oder Baum?
Sagst du Margerite, Ginster, Lupine oder Blume?
Sagst du Zaunkönig oder Vogel?

Vor den Lebewesen verschwinden die Worte!

Jeremia klagt nicht mehr – dafür der Einzelhandel. Ach, es ist ein Jammern, Seufzen und Stöhnen in der ganzen Wirtschaft. Wieder einmal! Der Kapitalismus liegt, welch eine Überraschung, im Siechenbett!
Wir können nicht alles auf links drehen! Schon klar!
Aber wir können jetzt anfangen umzustrukturieren. Nachhaltiger werden. Gerechter. Sozialer. Grüner.
Weiter machen wie bisher, geht nicht!
Es kann nicht unser Ziel sein, als Konsum-Zombies durch die Innenstädte zu schlurfen, auch wenn manche Shoppen mit Freiheit verwechseln.
Wir haben keinen VIP-Platz in der Welt. Wir müssen lernen, uns neu zu platzieren.

Denn wir sind nicht allein.

Wiederentdeckt

Ein Elfchen aus vergangenen Ausstellungszeiten. Keine Ahnung, wer es damals geschrieben hat. Aber es ist es wert, hier vorgestellt zu werden und allen Lesenden ein Schmunzeln zu entlocken

                                                   Petrus
                                                   war Fischer.
                                                   Nicht wie Helene.
                                                   Sondern mit einem Auftrag:
                                                   Menschenfinder.