Neulich hieß der Sonntag „Jubilate“ – Freuet euch!
Leichter gesagt, als getan! Zuviel Notbetrieb. Zuviel Veränderungen und vor allem viel Unsicherheit, wohin wir als Land, als Welt in dieser besonderen Zeit steuern. Eine Stimme in meinem Kopf sagt: Hey, dir geht’s doch insgesamt gut! Warum lässt du den Kopf hängen?
Die Stimme hat ja eigentlich recht.
Was bin ich froh, in Deutschland zu leben.
Ich habe insgesamt den Eindruck, dass wir das alles recht ordentlich meistern hier mit dem Abstand und Mundschutz und so. Die Überlastung des Gesundheitssystems, wie es immer so schön heißt, ist wohl auch ausgeblieben. Dafür bin ich dankbar, aber zum Jubilieren ist mir dennoch nicht zu Mute. Ich merke, die „Lockerungen“, die aktuell eingeübt werden, lassen mich un-locker werden: Ist das nicht alles viel zu früh?
Was ist, wenn wir damit dem Virus doch wieder viel zu viel Raum geben, sich auszubreiten?
Okay. Ganz ruhig bleiben. Tief durchatmen.
Und so sitze ich hier Klostergarten in Bursfelde und staune gleichzeitig über das Wunder der Schöpfung! All das Grün, den Duft von Raps und Flieder in der Luft. Die Tulpen blühen. Die Pfingstrosen haben einen mächtigen Schub gemacht. Es ist, als würde uns die Schöpfung mit aller Macht Hoffnung unter die schlappen Flügel der Seele pusten. Als würde die Schöpfung mit Paul Gerhard singen: Geh aus mein Herz und suche Freud, in dieser lieben Sommerzeit, an deines Gottes Gaben. Schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben (EG 503).
Das ist es doch, was meine Seele braucht, wenn es um Freude geht, oder? Ich will Gott spüren. Seine Gegenwart, seinen Schutz! Seine Stimme hören! Und hier ist sie. Nicht Natur, sondern Schöpfung!! Gottes Schöpfung!
Ich merke, ich kann selbst etwas dafür tun kann, Gott in meinem Alltag, in unserer Welt wahrzunehmen: z.B. Natur als Schöpfung zu begreifen.
Und wie genial ist die gerade um mich herum gemacht. Das ist der Wahnsinn! Danke Gott! Danke, dass du mich in meiner Unsicherheit in diesen Garten der Hoffnung setzt! Danke Gott, dass du so sichtbar da bist!
Ups. Da passiert gerade was. Ich fühl mich leichter, fröhlicher! Jemand sagte mir mal, dass Gott zu loben ein Weg zur Freude ist.
Wie Paul Gerhardt singt: „Doch gleichwohl will ich, weil ich noch hier trage dieses Leibes Joch, auch nicht gar stille schweigen; mein Herze soll sich fort und fort an diesem und an allem Ort zu deinem Lobe neigen! (EG 503, Str. 12).
Die Benediktiner Mönche wussten: aus diesem Lob, dem „Neigen des Herzens“ ergibt sich erstaunlicherweise eine innere Gegenbewegung: Ich werde aufgerichtet! Mein Blickwinkel verändert sich. Ich bin ja gar nicht allein!
In aller Distanz, die wir zum Schutz einhalten, bin ich mit so vielen Menschen verbunden. In Liebe und Sorge, wie wir im Abendgebet in Bursfelde beten.
Darin liegt für mich ein Trost, der mich dann doch mit tiefer Freude erfüllt: Jubilate!
Diakon Klaas Grensemann, Kloster Bursfelde