Wir haben euch ja um eigene Blog-Einträge gebeten, weil unser Ziel ist, ein großes Corona-Tagebuch zu schreiben, das aus vielen Stimmen besteht. Hier kommt ein Beitrag von Petra Pieper-Rudkowski:
Wissen Sie eigentlich schon, dass es im Wald tatsächlich keine Räuber gibt? Die sind nämlich alle geflohen, der Wald bietet Ihnen keine Lebensgrundlage mehr.
Warum das so ist? Das kann ich Ihnen sagen. Wie bitte? Ach, das wissen Sie schon lange!
Natürlich fahren keine Kutschen mit goldbehangenen Freifrauen und Kisten voller Gold mehr herum. Pilgernde Mönche hat man seit Jahrzehnten nicht mehr zwischen den Bäumen gesichtet. Auch edle Ritter sind heutzutage Mangelware im Wald. Und selbstverständlich sind unsere Wälder kleiner geworden, auch wegen des Borkenkäfers.
Den wahren Grund für räuberfreie Wälder habe ich dank der Corona-Zeit erfahren. Jeden Tag streife ich durch den Wald. Je nach Tageszeit sehe ich andere Wanderer, und zu penibel festgelegten Zeiten ist der Wald voller Hunde. Da kann statistisch kein Räuber überleben.
Um 7.00 Uhr, um 13.00 Uhr und um 17.00 Uhr setzt sich aus unserer Reihenhaussiedlung eine Karawane gen Wald in Bewegung. Große, Kleine, Dicke, Zierliche, welche mit Hundepullover und andere mit rosa Schleife. Immer gehört ein Mensch zu einem, zwei, drei oder sogar vier Hunden. Und zu einem Hund gehört mindestens ein größerer oder kleinerer Haufen, manchmal versteckt im Unterholz, dem üblichen Räuberversteck und dann wieder direkt auf dem Weg. Mal ehrlich, das geht doch an die Räuberehre!
Was das alles mit Corona-Zeiten zu tun hat und warum das für mich eine Lernzeit ist?
Corona-Zeit = Homeoffice = Bewegung mit social-distance im Wald = die gesamte, große Hundegesellschaft der Siedlung erleben = Lernerfahrung.
In normalen Zeiten fahre ich um 7.00h mit dem Rad zum Bahnhof, der liegt nicht im Wald, und komme um 18.00h zurück, dann ist die Hundekarawane schon wieder zurück in den Häusern.
Und noch ein Letztes. Habe heute endlich den „Haufenmacher“ vor unserem Gartentor gesehen. Mit dem gebührenden Abstand von 2m habe ich mit der „Haufenmacher“-Besitzerin ein paar freundliche Worte über Gartenpforte und frischen Haufen wechseln können. Und dann kam sie aus der Manteltasche gekrochen, die schwarze „Haufen-mitnehmen-Tüte“. Was sage ich? Noch eine Lernerfahrung.
Nun warte ich geduldig, ob diese Lernerfahrung sich verfestigt. Meine Waldspaziergänge mache ich nun in der hundefreien Zeit und treffe hoffentlich auf andere fröhliche Gesellen. Der fiesen „Corona-Bande“ bin ich zum Glück noch nicht begegnet.
In diesem Sinne: Im Wald sind keine Räuber!