Silvester – na und?

Pünktlich um 24.00 Uhr jagen Unmengen von Raketen in den Nachthimmel und zerreißen die Dunkelheit. Böller explodieren an vielen Plätzen. Krach überall.
Aber nicht an diesem Silvester.
Der Lärm fällt aus, die besoffene Fröhlichkeit vermutlich auch. Damit geht für mich ein Wunsch in Erfüllung.
Ich habe mich oft gefragt, ob es dem neuen Jahr nicht besser täte, wenn wir es still begrüßten? Wenn wir stumm in die dunkle Nacht sähen, nachdenklich und nicht so besinnungslos froh.  
Vielleicht wird 2021 dankbar dafür sein, dass es nicht mit Lärm und Gegröhle empfangen wird.
Vielleicht nimmt es einen anderen Weg als die vielen, vielen Jahre vor ihm.
Zwischen Silvester zu Neujahr liegt nur eine Nacht. Alle Geschichten gehen weiter, die geraden wie die krummen. Auf uns wartet keine unbeschriebene Zeit, jedenfalls nicht dort. Silvester – na und?

Die neue Zeit hat längst begonnen. Wer sie am 31. Dezember willkommen heißen will, hat sie verpasst. Nicht ohne Grund beginnt das Kirchenjahr einen Monat früher, am 1. Advent. Allmählich sickert das Göttliche ein in diese Welt. Es gibt Anzeichen, die sich mehren, Geschichten, die darauf hindeuten, dass etwas Unvergleichliches geschieht.
Gott steht nicht mehr außerhalb, unverwundbar und ewig. Er wird verletzbar und schutzbedürftig. Er stellt alle unsere Maßstäbe auf den Kopf.

Von nun an muss niemand mehr Gott in der Höhe suchen,  in eisigen Sphären. Gott ist erreichbar geworden, nicht einfach einer von uns, sondern einer, der uns zeigt, wer wir sein könnten.
Das Göttliche hat sich klein gemacht, damit wir groß werden.

Ein neues Jahr – und ein Versprechen, das Gott längst eingelöst hat. Nun liegt es nur noch an uns!

 „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11 denn euch ist heute der Befreier geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“   (Lukas 2,10b-11)

Wolfgang Blaffert

O du fröhliche

O du fröhliche
O du selige
Gnadenbringende Weihnachtszeit
Last uns nicht verzagen
Trotz der Lockdowntage
Glaubt und hoffet
Setzt auf Liebe
Schenkt euch Licht

(Michael Benko Benkowitz, frei nach O Du fröhliche, getextet und neu aufgenommen für die Adventsaktion der Evangelische Jugend in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers 2020 )

Weihnachten. Lichterfest. „Und als sie den Stern sahen, waren sie außer sich vor Freude.“ Die Sterndeuter, die drei Weisen oder auch Könige folgen dem Licht. Sie lassen sich nicht beirren von den dunklen Mächten. Sie folgen dem Licht am Himmel und seiner Verheißung. Sie kommen an und finden etwas anderes, als sie erwartet haben. Ein Kind. Klein, arm, verletzlich, und dadurch wirkmächtig weit über die Zeit damals hinaus. Ein Wunder.

Grund für uns, alles zu schmücken  – vor allem mit vielen Lichtern. Jedes einzelne leuchtet gegen alles Dunkle an, dass es in dieser Welt um uns herum und auch in uns gibt. Jedes Licht erzeugt ein Strahlen, dass zu uns durchdringen will, damit wir wieder strahlen, Hoffnung haben und verbreiten – wie ein Licht.  Gerade weil wir auf Lichtverschmutzung achten, ist es wichtig, dieses Leuchten nicht aufzugeben, sondern von dem Strahlen der Hoffnung zu erzählen mit dieser alten schönen Geschichte vom Kind in der Krippe.

In den nächsten Tagen nehme ich Kerzen und Sterne mit auf meine Wege und verschenke sie an andere Menschen: Schenkt euch Licht.

„Ich bin das Licht der Welt“ sagt Jesus später. Jesus, Menschensohn. Einer der das Leid, die Armut, die Flucht, die Gewalt kannte und trotzdem nicht verzagte. Der nachdachte und handelte, in dem er Menschen beschenkte mit Hoffnung und Zuversicht. Das können wir auch tun!

Trotzt den Lockdowntagen – so könnte diese Zeile auch lauten.  Lasst euch nicht beirren, wir haben Grund, fröhlich zu sein trotz allem. Freude, Liebe, Hoffnung, Barmherzigkeit und Glaube – sie gehören zu den unbezahlbaren Dingen, die mehr werden, wenn wir sie teilen, gerade in schwierigen Zeiten

O Du fröhliche Evangelische Jugend – Ihr seid das Licht wer Welt.

Frohe, gesegnete Weihnachten wünschen wir allen!

Cornelia Dassler
Landesjugendpastorin

Krippenspiele in Coronazeiten

Unglaublich, wie viele tolle Ideen es gibt, um auch in Zeiten der Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln Krippenspiele zu ermöglichen! Als Video, Stationenweg oder großes Lagerfeuer, open air, als Hörspiel, Liveübertragung, inklusiv oder bei Instagram. Das Presse-Team der hannoverschen Landeskirche stellt gerade eine Übersicht zusammen, was wo läuft. Ist Euer Angebot schon dabei?

Krippenspiele in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers

Kein Lockdown für die Jugendarbeit

Kommentar von Landesjugendpastorin Cornelia Dassler zur Situation Jugendlicher und der Evangelischen Jugendarbeit

Erneut fährt das öffentliche Leben herunter. Kinder und Jugendliche müssen oder dürfen oder brauchen nicht mehr zur Schule zu gehen und müssen erneut ihren Alltag, ihre sozialen Kontakte anders organisieren – wenn sie denn die Möglichkeiten dazu haben. Inzwischen wissen wir, dass Jugendliche unterschiedlich gut mit dieser Situation zurechtkommen, abhängig von ihrem Alter und den sozialen Rahmungen.
Allzu leicht gerät aus dem Blick, dass junge Menschen nur abhängig von Erlaubnissen und gewährten Ressourcen – wie etwa Räumen – die Kernaufgaben ihres Heranwachsens bewältigen können. Die ihnen gesellschaftlich abverlangten Leistungen der Selbstpositionierung, Qualifizierung und Verselbständigung brauchen eigene Erfahrungsräume. Ohne diese kann es nicht angemessen gelingen, sozial und beruflich handlungsfähig zu werden und Verantwortungsübernahme zu erproben. Stattdessen bleiben Fragen offen: Wo gehöre ich hin? Wo finde ich mich wieder, wenn ich mich überwiegend allein zurechtfinden muss?

Kinder und Jugendliche brauchen soziale Räume

Die erste Auswertung einer neue Studie der Jugendforschung (JuCo 2) hält als einen wesentlichen Punkt fest: „Das Wegfallen von sozialen Räumen mit den Peers verändert den Jugendalltag grundlegend. Es nimmt den jungen Menschen auch alltägliche Bewältigungsmöglichkeiten, die für den psychosozialen Ausgleich in dieser Lebensphase zentral sind.“
Auf die Frage, warum Jugendarbeit und Kirche Dinge anbieten dürfen, die nach sonstigen Regeln schwierig oder untersagt sind, gibt es unser Meinung nach eine klare Antwort: Gerade weil formale Bildung an Schulen, Hochschulen usw. nur eingeschränkt oder rein digital stattfinden kann und darf, sind andere soziale Räume der Begegnung wie die der nonformalen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen wesentlich für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen.
Als zweiten wesentlichen Punkt hält die JuCo 2 fest: „Erwachsene stehen in der Verantwortung, den jungen Menschen Räume zu schaffen und in den Dialog zu treten, um mit den jungen Menschen Jugend 2021 zu gestalten.“ Das sollten wir aus der Jugendarbeit umsetzen und allen jungen Menschen, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen einmal mehr Räume eröffnen, Angebote machen und die Ressourcen verstärken.

Zustimmung und Belastung widersprechen sich nicht

Eine große Mehrheit der jungen Menschen begrüßen die Einschränkungen. Das zeigen Daten der neuesten Forsa-Umfrage. Gleichzeitig macht das Bundesjugendkuratorium in einem Zwischenruf vom 15. Dezember darauf aufmerksam: Viele Jugendliche blicken mit Angst und Sorge in die Zukunft.
Die Zustimmung einerseits und die zunehmenden Anzeichen von Belastung andererseits  sind kein Widerspruch. Gerade weil Jugendliche die Einschränkungen akzeptieren, wirken sie sich auf ihr Befinden aus und fördern entsprechende Syndrome wie eine inzwischen festgestellte erhöhte Quote von Depressionen. Obwohl Kinder und Jugendliche mit der Situation umgehen und sich ihr in gewisser Weise gewachsen zeigen, müssen wir dennoch das riskante Potenzial sehen und entsprechend handeln. Es gilt, die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen wahrzunehmen und nicht irgendwann später einmal auf nachgewiesene Defizite zu reagieren.

Situation in den Kreisjugenddiensten

Seelsorge ist wichtiger denn je. Das berichten Kirchenkreisjugendwart*innen aus der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers diese Woche in einer Videokonferenz mit Landesbischof Ralf Meister. Die Kontakte zu den kirchlichen Mitarbeitenden werden mehr als früher für seelsorgliche Gespräche genutzt.
Deutlich sichtbar ist die Sorge um die Zukunft. Die Frage nach persönlichen Plänen, ein FSJ, eine Ausbildung, der Beginn eines neuen Abschnitts an der Schule oder Hochschule zeigt überall große Unsicherheit. Auch die Planungen der Jugendarbeit beinhalten Fragezeichen und gestalten sich landeskirchenweit unterschiedlich. Manche für nächsten Sommer geplanten Maßnahmen sind bereits ausgebucht, in anderen Regionen ist Zurückhaltung bei den Anmeldungen spürbar. Die Frage, was möglich sein wird, steht im Raum.

Gemeinsam Hoffnung leben

Mit den Ambivalenzen in dieser Zeit umzugehen, ist für alle schwierig. In den Herausforderungen liegt aber auch die Chance, den diakonischen und seelsorglichen Auftrag in der Jugendarbeit intensiv zu erfahren und neu zu entdecken. Wir können gemeinsam mit den Jugendlichen Hoffnung leben und diese verbreiten. Dazu gehört es, die Unsicherheiten gemeinsam auszuhalten. Darin wird der tiefe Sinn von christlicher Gemeinschaft neu spürbar und der Wert all dessen, was gemeinsam möglich ist. Gemeinsam statt allein – genau das macht den Wert der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen aus.

Weiterführende Links

„JuCo 2“ – Studie vom Forschungsverbund „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“ der Universitäten Hildesheim und Frankfurt

epd-Bericht zur Forsa-Umfrage

Zwischenruf des Bundesjugendkuratoriums

Soul Play – Online-Tutorials für dein Instrument!

Musikschulen sind dicht, die privaten Musiklehrer dürfen keinen Präsenzunterricht mehr geben. Trotzdem kannst Du weiterhin musizieren: Mit Soul Play hat die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers für Dich ein attraktives und umfangreiches Onlinetool im Angebot. Ob Piano, Gitarre, Bass oder Schlagzeug – für jedes dieser Instrumente gibt es detaillierte Lehrvideos nebst Begleitmaterial sowie spezielle Inhalte wie Bandarbeit (Song-Cafe), Timing workouts oder drum tuning. Und das Beste daran: Egal ob Du Einsteiger oder schon fortgeschritten bist, als Nutzer*in aus unserer Landeskirche bist Du kostenlos dabei!
Wer direkt loslegen möchte, kann sich unter www.soul-play.de mit dem Registrierungscode 827934 direkt anmelden.

Maskentragen lohnt sich

Letzte Woche Samstag. Ich bin auf dem Markt – mit Maske versteht sich – und reihe mich in die Schlange beim Obststand ein. Die ist ausgesprochen lang.
Macht aber nix! Ich habe ja Zeit.
Meine Blicke wandern hin und her – und hängen schließlich an einer jungen Frau, die strahlend auf mich zukommt.
Äh, meint sie wirklich mich? Ich drehe mich um. Hinter mir steht niemand. Also erwidere ich ihr überschwängliches Lächeln und zermartere mir das Hirn, ob ich die Frau vielleicht kenne.
Manchmal ist es ja schwierig, ein halb verhülltes Gesicht zu identifizieren.
Als sie mich fast erreicht hat, stockt die Frau plötzlich, ohne ihr Lächeln zu verlieren.
„Oh,“ sagt sie, „wir kennen uns ja noch gar nicht.“ „Stimmt,“ sage ich, „aber das kann man ja ändern.“
Und dann reden wir eine Weile, ehe sie sich schließlich verabschiedet.

‚Gar nicht so schlecht, diese Masken,‘ denke ich. Ohne wäre mir das vermutlich nie passiert.

Flüsterfragen

Fragen, über die man nur im Flüsterton spricht – rund um Glaube und Religion. Sie werden im Podcast #flüsterfragen von den Diakonninen Julia Grote und Elske Gödeke beantwortet.

Link

„InsSpiriert“

Hannovers Jugendkirche wird neuer Co-Working Space

In der Jugendkirche in Hannover gibt es einen neuen Co-Working Space. An zwei Tagen in der Woche werden Stromkabel verlegt und Möbel bereitgestellt, damit sich die Besucher in der Kirche einen Arbeitsplatz einrichten können. „InsSpiriert“ nennt das Team rund um Daniela Klockgether ihr Angebot. „Wir wollen, dass die Menschen zu uns kommen und inspiriert wieder gehen“, sagt die Diakonin. Von ihr stammt die ursprüngliche Idee. „Ich finde es sinnvoll, den Raum zu nutzen, wenn er gerade nicht gebraucht wird.“ Mittlerweile gibt es neben der Diakonin ein 9-köpfiges Team aus Jugendlichen, die sich ehrenamtlich um den Co-Working Space kümmern.

Die 21jährige Vivian Vollmann Tinoco unterstützt den neuen Co-Working Space. Bild: Regula Jantos

„Wir wollen einen Raum schaffen für Menschen, denen es im Homeoffice zu einsam wird. Hier finden sie Austausch mit anderen“, erklärt Vivian Vollmann Tinoco aus dem Co-Working Team. Auch bei Studenten wächst der Bedarf an Arbeitsraum mit frei zugänglichem Wlan, seit die Universitäts-Bibliotheken ihr Angebot coronabedingt eingeschränkt haben. Doch der Raum sei nicht nur offen für Menschen, die am Computer arbeiten, betont Vollmann Tinoco. Jeder, der mit maximal einer Tischbreite auskommt, sei willkommen. Für Gruppen bis zu sechs Personen gibt es zwei separate Räume. Im Pausenbereich stehen Kaffee und Getränke gegen eine Spende bereit. Das Mobiliar können sich die Besucher selber zusammenstellen, es gibt Tische, Stühle und Hocker. Seinen Platz wählt jeder frei im Kirchenraum. Wer eine Pause braucht, kann sich mit einem Sitzsack hinter einen Vorhang zurückziehen. „Beim ersten Videocall war es schon merkwürdig mit den Buntglasfenstern im Hintergrund“, berichtet Vollmann Tinoco. Mittlerweile fühlt sich die PR-Studentin aus Hannover in der Jugendkirche wie zuhause. Ein Plus sieht die 21jährige darin, dass jetzt auch Menschen hereinkommen, die mit Kirche Berührungsängste haben oder mit Religion nicht viel anfangen können. „Die Jugendkirche war vorher schon gut im Stadtteil integriert. Jetzt bietet sich die Möglichkeit, den sakralen Raum weiter zu öffnen und zusätzlich urbane Bedürfnisse zu erfüllen.“

Das Co-Working Angebot ist kostenfrei. Wer möchte, kann einen freiwilligen Beitrag zum Wlan leisten. Dienstags und donnerstags von 10 bis 17 Uhr ist die Kirche als gemeinschaftlicher Arbeitsplatz geöffnet. Und es gibt bereits Pläne für Erweiterungen: „Wir denken über verschiedene Afterwork-Angebote nach“, verrät Vivian Vollmann Tinoco. „Nach der Arbeit noch gemeinsam zusammensitzen, quatschen, sich austauschen – das würde sicher gut ankommen.“ Zurzeit gibt es bereits an jedem ersten Dienstag im Monat einen Afterwork-Gottesdienst.

Mehr Infos: InsSpiriert

Nicht mit zweierlei Maß messen

Torben Salm beim Hearing der Initiative niedersächsischer Ethikrat zur Situation junger Menschen

Sie wollen die ethische Seite der Corona-Pandemie und den daraus resultierenden Maßnahmen beleuchten: die Initiative Niedersächsischer Ethikrat (INE). Außerdem wollen sie Sprachrohr für diejenigen in der Gesellschaft sein, die von der Politik oft nicht gehört werden. Eine der ersten Gruppen, die die INE in den Blick genommen haben, ist die der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. In verschiedenen Anhörungen haben die Mitglieder der Initiative mit Menschen aus Schule, Jugend- und Sozialverbänden gesprochen. Sie wollten wissen, was die Corona-Krise und die damit verbundenen Einschränkungen für Jugendliche bedeuten. Torben Salm, stellverstretender Vorsitzender der Evangelischen Jugend in der hannoverschen Landeskirche, hat an einem Hearing teilgenommen.

Frage: Mitte September veranstaltete die Initiative Niedersächsischer Ethikrat (INE) mehrere Anhörungen mit Protagonisten aus der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Warum hat die INE Deiner Meinung nach die Evangelische Jugend dazu eingeladen?
In der Vergangenheit hat sich die Evangelische Jugend oft in Kirche und Gesellschaft engagiert. Dadurch haben wir Aufmerksamkeit gewonnen. Das jugendpolitische Netzwerk, an dem wir kontinuierlich arbeiten, spielt uns ebenfalls in die Karten. Ich denke auch, dass junge Menschen in unserer Gesellschaft oft unterrepräsentiert sind und der Ethikrat sich somit folgerichtig dafür entschieden hat, diese nun besonders anzuhören. Stephan Schaede, Mitglied des Ethikrats und Direktor der Evangelischen Akademie Loccum, hat an uns gedacht und uns dann eingeladen.

Frage: Welches sind die wichtigsten Punkte, die der Jugendverband Evangelische Jugend in die Diskussion um die Corona-Maßnahmen einbringt?
Junge Menschen sind mehr als Schüler*innen. Es ging bei den Maßnahmen und den dazugehörigen Diskussionen oft nur um diese eine Rolle. Das empfinde ich als zutiefst ungerecht. Sie verlieren unwiederbringliche Momente in ihren Leben, die man nicht an späterer Stelle nachholen kann. Darüber wird in der öffentlichen Diskussion kaum gesprochen.
Nach dem Lockdown wurden schrittweise die Dinge wieder möglich, die wirtschaftlich umfangreicher sind. Beispielsweise konnten kommerzielle Reiseanbieter wieder Fahrten anbieten, Wochen bevor das in der Jugendarbeit überhaupt möglich war. Noch dazu mangelte es bei denen oft an Hygienekonzepten und Vernunft. Und das war möglich, weil die Reiseanbieter eine finanziell gut aufgestockte Lobby besitzen. Aber: Systemrelevanz kann man nicht mit Wirtschaftsbilanz gleichsetzen.

Frage: Für zukünftige landespolitische Planungen rund um Corona: Was würdest Du Dir wünschen, was stärker beachtet werden soll?
Dass menschliche Freiheiten zum Wohle aller eingeschränkt werden, ist natürlich verantwortbar. Doch man sollte hier nicht mit zweierlei Maß messen. Ganz gleich ob Chor, Jugendgruppe, Fußballmannschaft oder Frauenkreis – die Ansteckungsgefahr und die daraus resultierenden Abstands- und Hygieneregeln müssen für alle gleich gelten. Wo mehrere Maßstäbe jedoch dringend erforderlich sind, ist bei der Förderung von Einzelnen in der Gesellschaft. Bei finanziellen Unterstützungen fallen viele Menschen oft durchs System. Viele Schüler*innen aus benachteiligten Haushalten brauchen dringend kostenfreie Möglichkeiten Lerninhalte nachzuholen, da vielen keine Geräte für die Onlinelehre zur Verfügung gestanden haben. Zudem sollten unterschiedliche Experten vor Einführung neuer Maßnahmen auf möglicherweise auftretende Sondereffekte befragt werden, hier gab es in den letzten Monaten klare Versäumnisse.

Insgesamt zum Prozess kann ich sagen: Die Initiative Niedersächsischer Ethikrat halte ich für ein wichtiges Gremium in der Krisenbewältigung und ich bin froh über die erfolgte und die noch folgende Zusammenarbeit.

Die Initiative Niedersächsischer Ethikrat setzt sich aus Wissenschaftler*innen, Ärzt*innen und Vertreter*innen aus Kirche, Diakonie und Caritas zusammen. Gründungsmitglied ist unter anderem Landesbischof Ralf Meister. Die Initiative wurde Mitte des Jahres gegründet, um politische Entscheidungen bezogen auf die Corona-Pandemie sozialethisch zu hinterfragen und Lösungsvorschläge zu entwickeln. Dabei konzentrieren sich die Mitglieder vor allem auf das Land Niedersachsen.
Die Stellungnahme der INE zu Perspektiven junger Menschen in der Corona-Krise gibt es hier: Download

Jugendarbeit in Corona-Zeiten

Sprengel-Jugendkonvent diskutiert mit Eike Holsten und Hans Christian Brandy

Bild: Michael Hinrichs

Über die Lage der Jugendarbeit in Corona-Zeiten diskutierten am vergangenen Freitag die Mitglieder des Sprengel-Jugendkonventes Stade mit dem Landtagsabgeordneten Eike Holsten (Rotenburg/Wümme) sowie Regionalbischof Dr. Hans Christian Brandy. Unter Leitung von Rike Schröder (Osterholz-Scharmbeck) tauschten sich die Jugenddelegierten zusammen mit den Hauptamtlichen des Sprengeljugenddienstes über die Erfahrungen des Corona-Sommers 2020 aus.

„Wir mussten leider die Sommerfreizeiten absagen“, so Rike Schröder, „dafür gab es aber zahlreiche kleinere Formate vor Ort, die auch gut angenommen wurden.“ Erprobt werde derzeit, die Ausbildung jugendlicher Mitarbeitender in einem Hybrid-System neben Präsenzveranstaltungen auch online durchzuführen.

Für das Gespräch über die Lage der Jugendarbeit hatten die Jugendlichen einen Fragekatalog vorbereitet, zu dem Eike Holsten und Hans Christian Brandy Stellung nahmen. Dabei ging es neben der Unterstützung und Anerkennung der ehrenamtlichen Arbeit von Jugendlichen, auch um die finanzielle Förderung der Jugendarbeit und um den Klimaschutz. Regionalbischof Brandy benannte eine Reihe von Maßnahmen der Landeskirche zum Klimaschutz, ermutigte die Jugendlichen aber auch, weiter klare Erwartungen an die Kirche zu richten.

Eike Holsten kündigte an, wichtige Fragen an die niedersächsische Politik mitzunehmen in eine soeben eingesetzte Enquetekommission des Landtages, die sich mit Rahmenbedingungen für das ehrenamtliche Engagement befassen wird. Dazu werden die Jugendlichen dem Abgeordneten noch eine Liste mit Themen aus der ehrenamtlichen Jugendarbeit zukommen lassen, auf der beispielsweise unnötige bürokratische Hürden benannt sind.
Brandy dankte den Verantwortlichen in der Jugendarbeit: „Sie haben in der Corona-Zeit bisher umsichtig und verantwortlich gehandelt. Ich ermutige Sie daher ausdrücklich, auch die kommende Zeit mit gesundem Menschenverstand und Gottvertrauen anzugehen.“