Jetzt oder nie!

Die Kirchen verlieren dramatisch an Mitgliedern: mehr als eine halbe Million im letzten Jahr.
Was ist da los?
Klar ist: es gibt nicht nur eine Antwort.
Klar ist auch: es muss sich etwas tun.
Überall!
Beim JAK in der letzten Woche wurde deutlich, wie sehr die Zeichen auf Veränderung stehen.
Das Problem ist nur, dass niemandem klar ist, wohin es eigentlich gehen soll.
Wir werden vermutlich verschiedene Richtungen ausprobieren in der evangelischen Kirche. Schließlich sind wir ein unregierbarer Haufen, trotz Bischof und LKA.
Im Augenblick sind wir aber auch ein ziemlich ratloser Haufen, trotz Bischof und LKA.

Es ist nicht verboten, eigene Ideen zu haben statt auf Einfälle von „oben“ zu warten.

„Veränderung“ ist das Zauberwort.

Wer jetzt noch auf Tradition setzt, wird bald sehr einsam sein.
Neuer Wein in neue Schläuche. Diese Forderung steht ganz am Anfang der Botschaft Jesu.
Und genau dort sind wir jetzt wieder angekommen.

Die Botschaft ist nicht alt oder überholt – aber die Formen sind es, in denen wir sie anderen nahebringen wollen.

Die Kirche steckt in einer Innovationskrise. Sie sollte die Menschen, mit denen sie zu tun hat, ernst(er) nehmen und nicht immer meinen, ihnen etwas geben zu müssen. Sie sollte mit ihnen reden und sie zu Wort kommen lassen.
Jugendliche und Erwachsene sind nicht defizitär, wenn sie keinen kirchlichen Titel tragen.
Dieses Hauptamtlichengefälle muss begradigt werden. Niemand steht auf einem Sockel, kein/e Pastor*in, kein/e Diakon*in, kein/e Superintendent*in –  auch nicht Bischof oder Oberlandeskirchenrät*innen.

Wir stehen nicht darüber, wir gehören dazu.

Vielleicht hilft die Corona-Pandemie, diesen Veränderungsprozess zu beschleunigen.
Erneuerungen suchen sich immer Wege, wo es vorher keine gab. Sie eröffnen neue Deutungsmöglichkeiten für die Fragen nach dem Sinn unseres Lebens. Wir müssen deswegen nicht verstummen. Wir haben weiterhin etwas zu sagen…
…wenn wir nur lange genug zuhören…

Und für die Antworten müssen wir uns gemeinsam auf den Weg machen.

Die mit Abstand besten Übungen

Die aes (Arbeitsgemeinschaft evangelischer Schüler- und Schülerinnenarbeit) hat eine ganze Reihe von Spielen und Warming-Ups zusammengestellt, die sich gut im Freien durchführen lassen.
Probiert es aus!
Link

Sozusagen der Mercedes unter den Juleicas

Nicht einfach alles über Video-Tools und auch nicht alles live, sondern in guter Mitschung aus „analogen Treffen“ und digitalen Seminareinheiten bietet die Evangelische Jugend Hannover eine Hybrid-JuLeiCa-Schulung an, bei der einzelne Kleingruppen an drei Tagen an verschiedenen Orten unterschiedliche Inhalte bearbeiten. Auf diese Weise machen Ehrenamtlichen-Schulungen auch wieder Spaß.

Wer etwas Ähnliches bei sich veranstalten will, kann hier auf das Konzept zurückgreifen, das Marco Kosziollek erarbeitet hat.

Leichtsinnig oder mutig?

Die erste Offline-Fortbildung nach Monaten vor dem Bildschirm, der uns alle auf Briefmarkengröße schrumpfte.
Digital ist ja  ganz nett, aber gegen analog fällt es doch weit ab.
Warum?
Weil die Spontaneität fehlt, das Überraschende.

Wer Digitalität für das neue Gelobte Land hält, sitzt einer Fata Morgana auf.
Wir brauchen Begegnung!

So trafen wir uns also im Sachsenhain zu unserem 3. Modul des JAK (Jugendarbeit konkret).
Wir waren gespannt. Wie würde es werden?
Am 2. Abend kam eine Teilnehmerin auf mich zu. „Ich mache gerade eine kleine persönliche Umfrage. Mutig oder leichtsinnig? Du musst dich entscheiden.“

Ich überlegte.
Mutig ist, wer die Konsequenzen des eigenen Handelns überblicken kann und sich ihnen stellt, besonders, wenn es schwierig wird.
Leichtsinnig ist, wer mehr oder weniger unbedarft in eine Situation hineinstolpert, um anschließend die Folgen auszubaden.
Ich wusste, wie ich mich zu entscheiden hatte.
„Und?“ fragte sie.
„Ganz klar,“ sagte ich, „leichtsinnig“ und musste an eine Kanufahrt bei auffrischendem Wind denken.

Aber auch ein Bruder Leichtfuß kann hin und wieder mutig sein.

Dass wir 5 Tage gemeinsam gelernt, diskutiert, nachgedacht, gefeiert, gebetet und gelacht haben, war nicht leichtsinnig.
Wir haben Vorkehren getroffen, Hygienevorschriften befolgt, Abstand gehalten und trotzdem eine besondere Form von Nähe geschaffen.
Bedenken gab es, doch die konnten wir am Ende ausräumen.

Mutig?
Vielleicht. Auf jeden Fall gut durchdacht. Wir wussten, was wir taten.

Gebt euch einen Ruck, wann immer ihr zögert.
Leichtsinn hat in der Jugendarbeit keinen Platz.
Mut um so mehr!

Wer Zeit gewinnen will, wird sie verlieren!

Keine neue Erkenntnis. Das gehört eigentlich zum spirituellen Basisprogramm. Aber das muss nichts heißen. Ich bin gestern Richtung Nordsee aufgebrochen. Ich hatte drei Routen, dort hinzukommen: eine, bei der ich die Fähre nehmen muss; eine, die mich die letzten 80 km über die Dörfer führt undnd eine, bei der ich einfach losbrettern kann, ohne den Fuß allzu oft vom Pedal zu nehmen.

Ich entscheide mich für die Fähre. Die Fahrt geht gut voran, der Verkehrsfunk hat keine Probleme zu vermelden, ja, sogar der Elbtunnel ist frei.
Ich gerate ins ins Nachdenken.
Nehme ich die Rennfahrer-Route, kann ich 3 Stunden sparen. Mensch, drei Stunden! Was ich da alles erledigen kann! Also wird es die Rennstrecke.
Die Fähre ist bereits abgehakt. Ich zögere noch kurz an der Ausfahrt zur Route Autobahn – Dorfparcours, entscheide mich dagegen und gebe Gas.

60 km fliege ich dahin. Alles wunderbar. Dann tauchen in der Ferne Blinkzeichen auf. Warnblinken!
Naja, da gibt es vermutlich eine Fahrbahnverengung, eine kleine Störung des Autoflusses, wird sicher gleich vorüber sein.
Der Verkehrsfunk meldet sich in diesem Moment: es hat einen Unfall gegeben; die Aufräumarbeiten dauern bis 18 Uhr. Bitte die Umleitung nutzen. Es ist 15.30 Uhr.

Bis zur Umleitung sind es 6,6 km, die ich zweieinhalb Stunden später auch endlich erreicht habe.

In dieser Zeit habe ich mich ein Dutzend Mal für blöd erklärt und meine falsche Entscheidung verflucht. Ich habe ins Lenkrad gebissen und mich irgendwann beruhigt, soll heißen, bin in den Fatalismus-Modus übergegangen.
Und alles nur wegen 3 Stunden!

 Ich wurde daran erinnert, dass es keinen Sinn macht, sich abzuhetzen und darüber das Jetzt zu vergessen. Ich erhielt eine Lektion in Sachen Zeitverschwendung.
Ich denke, ich habe verstanden.
Zurück werde ich die Fähre nehmen. Das dauert auf jeden Fall länger.
Ist aber auch viel schöner.
Willst du Zeit gewinnen, musst du sie dir gönnen.

Ganz unten

„In einer Krise zeigt sich, was etabliert ist und was nicht.“ (Ausspruch eines Wissenschaftlers).
Kinder und Jugendliche sind es nicht.
Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist  es auch nicht.

Im 8. aej/ESG-Forum Wissenschaft und Praxis wurde vielseitig belegt, dass Kinder und Jugendliche gerade ganz unten auf der Bedeutungsskala stehen. Diejenigen, die sich um sie kümmern, mit eingeschlossen.

Kinder gelten weiterhin als Virenschleudern.
Schulen seien Hotspots für Infektionen, warnt heute der Philologenchef Horst Audritz. Wohlgemerkt: Philologe – nicht Virologe.

Jugendliche wird derzeit nur eine Grundaufgabe ihrer Lebensphase zugestanden: sie sollen sich qualifizieren. Selbständig werden und eine eigene Position im Leben zu finden, interessiert dagegen nicht.

Die (Landes- und Bundes-) Regierung hat nicht den Schimmer einer Ahnung, was es bedeutet, ein junger Mensch zu sein, sondern verfällt in alte Stereotypen bzw. blendet diese Generation einfach aus.

Weder die Praktiker*innen noch die Theoretiker*innen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen werden derzeit gehört.

Auf dem Forum herrschte allgemeine Ratlosigkeit, was zu tun sei.
Politiker anrufen, Journalistinnen auf die Nerven fallen, damit sie berichten, war ein konkreter Vorschlag (der einzige).
Alles schön und gut, doch das sind Erwachsenengedanken.

Vielleicht muss es eine neue Bewegung geben, youth for future, die deutlich macht, dass Kinder und Jugendliche zählen, auch jetzt und heute. Die Entscheidungen müssen jugendrelevant ausfallen. Es kann nicht sein, dass alte Männer und Frauen allein bestimmen, wo es hingehen soll.
Jugendliche müssen gefragt werden und mitentscheiden!

Die Generation Corona hat es nicht leicht.
Sie braucht Unterstützer*innen.
Uns!

Und es geschieht ja schon was!
In diesem Zusammenhang möchte ich aufmerksam machen auf die Kampagne der aej: wir sind #zukunftsrelevant

Schneller

Heute Morgen erhalte ich eine Mail von einer Kollegin:
„Ich habe schneller gesprochen / aufgenommen als gedacht und könnte auch schon früher.“

Mensch, denke ich, Geschwindigkeit zahlt sich aus. Das könnte doch auch in anderen Bereichen helfen. Also drücken wir mal aufs Tempo:

schneller gucken
schneller schlafen
schneller atmen
schneller lachen
schneller sich ausklinken
schneller schreiben
schneller schweigen
schneller beten
schneller wohnen
schneller warten
schneller stehen
schneller sitzen
schneller liegen

Ob das ein Weg ist, das Corona-Monster zu überholen, ihm einfach davon zu schnellen?
Was meint Ihr?
Ich warte auf eine Antwort!

Aber zacki!

Angst essen Weite auf

Es geht aufwärts. Vieles, was bislang geschlossen war, hat wieder geöffnet. Die Straßen haben sich längst wieder gefüllt, die Strände auch.

War da was?
Ja! Aber nicht war, sondern ist!
Jedenfalls in unserer Kirche.

Corona ist nicht verschwunden, geschweige denn überwunden.
Corona hat vielen den Boden unter den Füßen weggezogen.
Unsicherheit und Angst, wohin man schaut, mit wem man spricht.

Die Kolleg*innen machen sich Sorgen, ob die Jugendlichen, die an den Online-Formaten nicht teilgenommen haben, nach Lockerung der Vorsichtsmaßnahmen wieder auftauchen. Das Objektiv ist auf Nähe eingestellt, nicht auf Weite. Die Lust auf Übergemeindliches  kommt derzeit nicht über Bonsai-Format hinaus.

Die Jugendlichen suchen nach einem Halt in all der Unsicherheit, und den finden sie zu Hause: „Meine Gemeinde.“ „Meine Diakonin.“ „Mein Gemeindehaus.“ usw.

„Geht hin in alle Welt?“
Nö!

Rückzug ist angesagt, der Wunsch, im Vertrauten zu bleiben.
Wenn ich sehe, wie sehr das Denken und Empfinden vieler Menschen von einer unbenennbaren Angst beherrscht wird, schnürt mir das die Luft ab.

Was wird aus dieser Kirche, wenn sie sich verschließt?
 
Ist Glaube nicht eine Möglichkeit, die Angst kleinzuhalten und die Zuversicht größer zu machen?
   
Angst kann man nicht wegreden! Aber es hilft, ihr nicht allein gegenüberzutreten.
Müssen wir auch nicht!   

Wenn ich mich fürchte, so hoffe ich auf dich. (Psalm 56,4)

Fragen

Wo gehen wir hin?
Was soll aus uns werden?
Erinnern wir uns, wer wir waren?
Bleiben wir stehen?
Brechen wir auf?
Mit Gott oder ohne?
Wer wollen wir werden?
Wie wollen wir sein?
Gemeinsam oder allein?