Immer der Nase nach…
Riechen ist etwas sehr spannendes. Es hat mir Spaß gemacht, mich damit zu befassen.
Immer der Nase nach – für uns eher unbewusst spielt unser Geruchssinn in unserem Leben eine große Rolle. Wenn man zum ersten Mal einen Raum betritt oder einen unbekannten Menschen trifft, ist es in der Regel der Geruchssinn, der einem den ersten Eindruck verschafft.
Zudem ist die menschliche Erinnerung eng mit Düften und Gerüchen verknüpft. Ein Geruch kann einen urplötzlich in eine lange zurückliegende und längst vergessene Situation zurückversetzen, in der man ihn zum ersten Mal wahrnahm.
Was hast Du heute an Gerüchen wahrgenommen? Riecht es nach Frühling? An was denkst Du gerade, wenn ich von Riechen spreche?
Beim Riechen kommen zwei Nerven ins Spiel. Der Olfaktorius steuert das eigentliche Riechen, während der schmerzempfindliche Trigeminus auf beißende Gerüche wie Chlor, Salmiak, Rauch oder auch Zwiebel reagiert. Der Geruchssinn ist eng mit dem Geschmackssinn verknüpft, und erst diese Verknüpfung liefert ein differenziertes Geschmackserlebnis.
Ein gesunder Mensch kann mehr als 10.000 verschiedene Duftnoten unterscheiden. Wer sich gezielt Düften aussetzt steigert seine Wahrnehmung.
Der Geruchssinn ist im biologisch ältesten Teil des Gehirns angesiedelt. Vor allem in der Frühzeit der Menschheit hatte er eine wichtige Funktion. So warnt er vor Gefahren durch Feuer oder Gase, hilft bei der Suche nach Wasser und Nahrung und ist entscheidend, um genießbare Lebensmittel schon vor dem Verzehr von ungenießbaren zu unterscheiden.
Das spiegelt sich auch in der Bibel. Auf diesem Hintergrund lesen sich die Stellen vertieft und neu wo es von Gott heißt, dass er den lieblichen Duft der Brandopfer nicht mehr riechen kann.
Ja, Gott unterscheidet sich von Götzen dadurch dass er menschliche Sinne hat, wie das Riechen. Z.B. in Psalm 115, 5-7:
Ihre Götterbilder sind nur Silber und Gold –
ein Werk, von Menschenhand gemacht:
Sie haben einen Mund, aber sie können nicht reden.
Sie haben Augen, aber sie können nicht sehen.
Sie haben Ohren, aber sie hören nichts.
Sie haben eine Nase, aber sie riechen nichts.
Ihre Hände, die können nicht tasten.
Ihre Füße, die können nicht gehen.
Keinen Laut bringen sie aus ihrer Kehle hervor.
Und die, die Götzen herstellen oder anbeten, sollen damit gestraft werden, dass sie ihre Sinne verlieren (Ps. 115,8):
Genauso sollen auch die Handwerker sein,
die diese Götterbilder geschaffen haben,
ja alle, die auf ihre Macht vertrauen.
Riechen ist auch biblisch gesehen ein Schlüssel in der Beziehung der Menschen untereinander und mit Gott, ein Kriterium des Menschseins nach des Schöpfers willen.
Was uns in den meisten Fällen gar nicht bewusst ist , aber bekannt: die Partnerwahl ist vom Geruch abhängig –Wenn zwischen zwei Menschen „die Chemie stimmt“, kann man das durchaus wörtlich auf den Geruch der beiden beziehen.
Besonders viel ist im Hohenlied vom Duft die Rede. In dem Lied voller Bilder – Bilder von der Chemie der Liebe auch zwischen Gott und Menschen? Hier verschwimmen die Dimension zwischen der sinnlichen Liebe zwischen Menschen und zwischen Gott und Mensch. Vielleicht ist es eine gute Idee zu fragen:: stimmt die Chemie zwischen Gott und mir?
Der Geruchssinn wird zwar von vielen Menschen als relativ unwichtig betrachtet, der Verlust kann aber – eingedenk der Bedeutung dieses Sinnes – schwerwiegende Folgen haben.
Viele Betroffene leiden an psychischen Problemen, weil sie nicht mehr sicher sind, ob ihr Eigengeruch zu stark ist und möglicherweise andere stört. Übertriebener Waschzwang und Rückzug aus dem sozialen Leben können die Folge sein.
Damit lande ich unweigerlich bei dem, was unsere Zeit so sehr prägt:
Eine Infektion mit SARS-CoV-2 kann den Geruchs- und Geschmackssinn erheblich stören – bis hin zum vollständigen Verlust. „Das neuartige Coronavirus befällt das Geruchssystem direkt.“
Das Geruchssystem ist das einzige System, bei dem die Sinneszellen Neuronen sind, Es scheint so zu sein, dass durch die Krnakheit die Nervenzellen im Geruchssystem absterben. Glücklicherweise ist es aber auch das einzige System, bei dem sich Neuronen erneuern können. Das dauert aber durchaus mehrere Monate.
In der sogenannten Erneuerungsphase riechen Menschen falsch. Sie schnuppern an Ihrem Kaffee und er riecht nach Ausguss. Man nennt dieses Phänomen, dass Dinge plötzlich anders riechen, Parosmie. Fäkalgeruch, Abflussgeruch, Brandgeruch: Es gibt leider keine angenehmen Parosmien, es riecht nie nach Blume. Das ist sehr belastend für die Patienten, aber ein Zeichen dafür, dass sich das System heilt. Die Wahrscheinlichkeit ist dann sehr hoch, dass ein Großteil des Geruchssinns wiederkehrt.
Wie war ich auf das Thema riechen gekommen? Wir können uns nicht riechen – das erlebe ich als einen Verlust und einen Mangel – auch wenn das sich riechen können manchmal dazu führt, dass uns etwas stinkt.
Videokonferenzen riechen nach nichts – aber sie stinken uns. – Sie riechen nach nichts, höchstens riecht es nach uns selbst, wenn wir dabei die Luft in dem Raum, in dem wir sind, verbraucht haben. Auf diese sinnliche Dimension unserer Gemeinschaft müssen wir in jeder Hinsicht verzichten. Soweit der Blick in den halbleeren Teil des Glases. Vielleicht machen wir uns bewusst, wenn uns dieser Tage im virtuellen Miteinander mal etwas stinkt, dass wir uns nur verkürzt wahrnehmen können – und leider der Duft verbindender Erfahrungen, das Aroma von Gemeinschaft fehlt. Aber das Glas ist nicht leer, es ist mindestens halbvoll.
Denn unsere Gemeinschaft gründet sich auf Gottes Liebe zu uns, Gott kann uns gut riechen und will, dass wir seine Botschaft verbreiten wie einen wohlriechenden Duft:
2. Korinther 2 ,14 – 16 : Dank sei Gott! Er führt uns allezeit wie in einem Triumphzug mit, der für Christus abgehalten wird. Wer er ist, wird von uns an jedem Ort bekannt gemacht. Wie ein Duft verbreitet sich diese Botschaft überall. Denn wir sind für Gott wie ein wohlriechender Duft, der von Christus ausgeht. Er kommt zu denen, die gerettet werden. Und er dringt bis zu denen, die verloren gehen. Für die einen ist es der Geruch, der aus dem Tod kommt und zum Tod führt. Für die anderen ist es der Duft,der aus dem Leben kommt und zum Leben führt.
Der Psalm 115, den ich schon zitiert habe schließt mit einem Segen (V. 9-15):
Du Israel, vertraue dem Herrn!
Er allein bietet Hilfe und Schutz.
Ihr Nachkommen Aarons, vertraut dem Herrn
Er allein bietet Hilfe und Schutz.
Ihr, die ihr zum Herrn gehört, vertraut dem Herrn!
Er allein bietet Hilfe und Schutz.
Der Herr hat sich an uns erinnert
Er will uns seinen Segen geben
Er segne die Nachkommen Israels!
Er segne die Nachkommen Aarons!
Er segne alle, die zum Herrn gehören,
die kleinen und die großen Leute!
Amen
Cornelia Dassler